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1.11.18

KURZER ABRISS DER GESCHICHTE DER THEOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT



Von Franz Hartmann

Im Jahre 1875 fanden sich in New-York einige Personen in angesehener Stellung zusammen, um ihre Meinungen in Bezug auf die höheren Probleme der Menschheit, welche die Denker aller Nationen seit urdenklichen Zeiten beschäftigt haben und auch ferner beschäftigen werden, auszutauschen. Die Mehrzahl derselben hatte vergeblich im modernen Kirchentum nach einer höheren Erkenntnis gesucht. Manche davon hatten sich dem Studium des damals zum „guten Ton“ gehörigen materialistischen Rationalismus gewidmet und, um mit Goethe zu sprechen, „mit eifriger Hand nach Schätzen gesucht, aber nur Regenwürmer gefunden“. Andere hatten sich in ihrem Drange nach handgreiflichen Beweisen von einer Fortdauer der Seele nach dem Tode des Körpers dem Spiritismus in die Arme geworfen, aber auch hier nach jahrelangem, mühseligem Forschen grosse Enttäuschungen erfahren; denn die Mitteilungen der angeblichen Geister der Verstorbenen waren entweder von so untergeordneter Art, dass sie ein derartiges, mit dem Verluste der Intelligenz verbundenes Fortleben als einen bejammernswerten Zustand erscheinen liessen, oder in den Fällen, in denen diese Mitteilungen einen Grad von annehmbarer Intelligenz aufwiesen, liess sich die Quelle derselben in ganz anderen Ursachen, als in dem Verstande der „Abgeschiedenen“ finden.

Unter den betreffenden Personen befand sich auch eine russische Dame, namens Helene Petrowna Blavatsky, eine geborene Hahn. Diese Dame hatte grosse Reisen im Kaukasus, in Turkestan, Indien und Ägypten gemacht, viel von Dingen gesehen, von denen sich die europäische Schulweisheit nichts träumen lässt, und in ihren metaphysischen Studien hatte sie manche Geheimnisse entdeckt oder war darin von den Eingeweihten unterrichtet worden. Ausserdem besass sie eine eigentümliche psychische Organisation und Willenskraft, welche es ihr ermöglichte, die von den Spiritisten angestaunten „unerklärlichen“ Wunder aus eigener Kraft und nach Belieben hervorzubringen und dadurch die natürlichen Erklärungen, welche sie darüber gab, zu bestätigen.

Unter diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, dass sich H. P. Blavatskys Ruf, auch ohne dass sie darnach verlangte, verbreitete, und dass Gelehrte aus allen Kreisen dieser Vereinigung zuströmten, welche „Theosophische Gesellschaft“ genannt wurde und zu ihrem Präsidenten einen amerikanischen Oberst, Col. Henry S. Olcott, erwählte. Der Name „theosophische“ anstatt „philosophische“ Gesellschaft wurde aber, wie es scheint, deshalb gewählt, weil die Mitglieder derselben beabsichtigten, sich nicht mit einer bloss theoretischen Spekulation in Bezug auf die der Menschennatur innewohnenden Seelenkräfte zu begnügen, sondern, durch Ausübung derselben eigene praktische Kenntnis derselben zu erlangen. Diese Selbsterkenntnis der eigenen inneren Natur gehört aber mit Recht in das Gebiet der Gotteserkenntnis oder Theosophie.

Was Helene Petrowna Blavatsky und das ihr, infolge ihrer humanitären Bestrebungen zu teil gewordene moderne wissenschaftliche Martyrtum betrifft, so werden wir in einem folgenden Hefte darauf zurückkommen. Für heute genügt es uns, das Schicksal der „theosophischen Gesellschaft“ zu verfolgen.

Unter den Mitgliedern, welche dieser Vereinigung zuströmten, befanden sich Wahrheitssucher aus allen Kreisen, Gelehrte und Ungelehrte, christliche Geistliche, jüdische Rabbiner, Philosophen aller Art und auch viele, welche bloss die Neugierde angelockt hatte; denn da von keinem Glaubensartikel die Rede war, von keinem Meister, „auf dessen Worte man schwören musste“, so waren Meinungsdifferenzen kein Hindernis zum Beitritt, und jeder hatte das Recht, seine eigenen Ansichten geltend zu machen und die andern, wenn es ihm gelang, zu überzeugen, wie dies auch heutzutage in dieser Gesellschaft der Fall ist. In der That wichen die Meinungen der Mitglieder weit von einander ab. Wie aber z. B. in einer „geographischen Gesellschaft“ die Mitglieder darüber verschiedener Meinung sein können, wo die Quellen des Nils zu suchen seien, während doch alle darüber einig sind, dass der Nil einen Ursprung hat, ebenso waren und sind alle Mitglieder der „theosophischen Gesellschaft“ darüber einig, dass jedes Dasein einen Grund, eine Ursache haben müsse. Diese Ursache zu finden, war und ist die Aufgabe nicht bloss der Mitglieder der „theosophischen Gesellschaft“, sondern eines jeden vernünftigen Menschen, und wenn einzelne unter uns im Verlaufe ihrer Untersuchungen einen besseren Leitstern dabei gefunden haben, als Darwin und Haeckel oder die moderne Theologie, so sind sie deshalb gewiss nicht zu beklagen.

Während der neue Verein in Amerika an Kräften zunahm und sich das Publikum, welches für die den „okkulten Phänomenen“ zugrunde liegende Philosophie kein Verständnis hatte, mit den „Wundern“ beschäftigte, die man sich von H. P. Blavatsky erzählte, wobei letztere einerseits von den Abergläubischen mit abgöttischer Verehrung betrachtet, andererseits von den Unverständigen als „Betrügerin“ verschrieen wurde, betrieben die Gründer des Vereins eine lebhafte Korrespondenz mit Indien, dem Lande der Geheimnisse und „Wunder“, u. a. mit dem Arya Samaj und dem bekannten Swami Daganand, welcher in Indien damals eine Rolle spielte, vergleichbar zu Luthers Reformation in Europa. Zweiggesellschaften wurden in Indien und Ceylon gebildet, hervorragende Buddhisten und Brahminen beteiligten sich, und da es sich bald zeigte, dass Indien der Platz sei, um sich litterarische Schätze und Kenntnisse über eine Wissenschaft zu holen, von der die Gelehrten des Westens erst jetzt das A-B-C zu lernen beginnen, so wurde das Hauptquartier der „theosophischen Gesellschaft“ im Jahre 1878 nach Bombay verlegt, nachdem sich während dieser Zeit auch Zweiggesellschaften in verschiedenen Teilen Europas gebildet hatten.

In Indien wurde die „amerikanische Delegation“, wie man sie nannte, mit grossem Jubel empfangen. Wie vor alten Zeiten die Juden nicht begreifen konnten, dass das Reich Christi nicht von dieser Welt sei, sondern von ihm erwarteten, dass er als ein König der Israeliten der römischen Herrschaft ein Ende machen werde, so glaubte auch das gemeine Volk in dem amerikanischen Obersten einen Befreier zu sehen, welcher die Herrlichkeit Aryavarthas wieder herstellen würde, ein Umstand, um den sich Col. Olcott sicherlich keine grossen Illusionen machte. Dieser Erwartung ist es vielleicht zuzuschreiben, dass sich eine Menge hervorragender Rajas und Brahminen mit grossem Enthusiasmus an der Sache beteiligte. Aber auch wirkliche Yogis, welche den wahren Zweck der Gesellschaft erkannten, beteiligten sich; es fand eine nie vorher dagewesene Verbrüderung zwischen Indiern und Europäern statt, und die Folge davon war, dass die Mitglieder der Gesellschaft zu Heiligtümern Zutritt erlangten, welche früher für das Auge aller Europäer hermetisch verschlossen waren, und eine Menge von Manuskripten kam zum Vorschein, nach denen unsere profanen Gelehrten früher vergebens gesucht und sogar deren Dasein bezweifelt hatten. Nach einiger Zeit wurde das Hauptquartier nach Adyar, einer Vorstadt von Madras, verlegt, wo sich dasselbe auch jetzt noch befindet.

Da durch die Thätigkeit der „theosophischen Gesellschaft“ die denkenden Klassen unter den Indiern, auch ohne dass man sie dazu aufforderte, beeinflusst wurden, über sich selbst und über die allen Religionen zugrunde liegende Wahrheit nachzudenken, so ist es begreiflich, dass dieses Selbstdenken den protestantischen Missionären ein Dorn im Auge war. Wie in Amerika H. P. Blavatsky von den Spiritisten angefeindet wurde, weil sie deren liebste Illusionen zerstörte, indem sie den spiritistischen Geistern die Maske entriss und dieselben in ihren wahren Gestalten vorführte, so lud sie nun den tödlichen Hass der christlichen Missionäre auf sich, indem sich die Zahl der Proselyten derselben und das Einkommen der Kirche in demselben Grade verringerte, als die „Heiden“ einsahen, dass man das wahre Christentum nur in sich selber finden könne, und dass ohne diese innerliche Erkenntnis ein äusserlicher Religionswechsel nur Betrug, Heuchelei und Verstellung sei.

Wenn auch Col. Olcott der äusserliche Leiter der Gesellschaft war, so war doch H. P. Blavatsky die Seele derselben, und es galt daher vor allem, ihren Charakter zu ruinieren, um der Gesellschaft beizukommen, denn die Verfassung der letzteren enthielt durchaus nichts, an dem selbst der spitzfindigste Advokat etwas zu bemäkeln hätte finden können, da ihre ganze Grundlage die praktische Anerkennung allgemeiner Menschenrechte, die bereits überall theoretisch anerkannt sind, und die Beförderung wissenschaftlicher Untersuchungen ist. Als daher im Jahre 1883 H. P. Blavatsky zusammen mit Col. Olcott auf Besuch in Europa waren, hielten die Missionäre den geeigneten Augenblick für gekommen, um der „theosophischen Gesellschaft“ einen längst vorbereiteten tödlichen Streich zu versetzen, und nachdem sie ein Ehepaar namens Coulomb, das am Hauptquartier bedienstet war, für sich gewonnen hatten, veröffentlichten sie eine Reihe von teils gekauften, teils gefälschten Dokumenten, in welchen sich H. P. Blavatsky über die Leichtgläubigkeit von verschiedenen ihrer hervorragenden Bewunderer lustig macht. Sie rechneten dabei nicht mit Unrecht darauf, dass sich diese Bewunderer, in ihrer Eitelkeit gekränkt, von H. P. Blavatsky lossagen und gegen die Gesellschaft kehren würden. Aber die Sache kam anders.

Als Col. Olcott und H. P. Blavatsky von Indien abreisten, wurde ein Verwaltungsrat für die „theosophische Gesellschaft“ bestellt, als dessen Vorsitzender der Schreiber dieser Zeilen fungierte. Zufälligerweise (?) erhielten wir Kenntnis von den Machinationen der Missionäre, und so kam es, dass an demselben Tage, an welchem diese ihre Bombe platzen liessen, die Antwort darauf auch schon gedruckt war.

Veranlassung zu den Verfolgungen, denen H. P. Blavatsky vielfach ausgesetzt war, gaben die „okkulten Phänomena“, welche teils von ihr willkürlich hervorgebracht wurden, teils in ihrer Gegenwart und teils auch während ihrer Abwesenheit stattfanden. Für sie waren die Gedanken der Anwesenden ein offenes Buch, und es schien, als ob sie, wie es in den Legenden verschiedener Heiligen zu lesen ist, imstande wäre, sich geistig an entfernte Orte zu versetzen. Ausserdem stand sie mit anderen Personen in Indien und Tibet in Verbindung, welche ähnliche und noch höhere Kräfte besassen, um in die Ferne zu wirken, und so kam es denn, dass von uns auch während ihrer Abwesenheit in Europa, bei besonderen Gelegenheiten, wenn irgend ein Rat nötig war, Briefe, von unsichtbarer Hand geschrieben, uns zukamen, welche die betreffenden Ratschläge oder Aufklärungen enthielten u. dergl. Solche Phänomene fanden nicht statt zu dem Zwecke, uns in Erstaunen zu setzen, wenn wir derartige Briefe erhielten; so war es nicht zu dem Zwecke, um zu beweisen, dass man durch Kräfte, welche der europäischen Wissenschaft noch unbekannt sind, Briefe schreiben könne; sondern, wie jeder andere Brief, hatten auch diese nur den Zweck, uns von irgend etwas in Kenntnis zu setzen, das für uns von Interesse war. Aber der gelehrte und ungelehrte Pöbel in England und Amerika konnte in solchen okkulten Ereignissen, deren Vorkommen leider nicht verheimlicht wurde, nichts weiter sehen, als einen Versuch, auf die Leichtgläubigkeit des Publikums zu spekulieren, und aus der Einmischung Auswärtiger in Dinge, welche ihn durchaus nichts angingen, entstand ein neuer Anlass zur Verfolgung von H. P. Blavatsky.

Infolge der Prahlsucht oder des blinden Enthusiasmus einiger Mitglieder der „theosophischen Gesellschaft“ hatte nämlich die bekannte „Society for Psychical Research“ in London, welche die Untersuchung von Spukgeschichten zum Zweck ihres Daseins hat, von diesen Phänomenen gehört, und da sie dieselben mit spiritistischen Narrheiten verwechselte, so entsandte dieser Verein einen jungen Mann als „Sachverständigen“ nach Indien, um die Sache zu untersuchen. Dies ist ungefähr geradeso, als ob der verehrte Leser dieser Zeilen zu mir nach Wien kommen wollte, um sich zu überzeugen, dass mein Vetter in Amerika, von dem ich mitunter Briefe zu erhalten vorgebe, wirklich existiert und dass seine Briefe wirklich von ihm selber geschrieben sind. Da würde es doch vor allem nötig sein, dass der Vetter aus Amerika selber hierher käme, um dem Sachverständigen seine Identität zu beweisen.

Aber der „Vetter aus Amerika“ kam nicht, um die Neugierde des Herrn aus London zufrieden zu stellen, der „Sachverständige“, der von der ganzen Sache nichts verstand, sah seine Mission gescheitert; da er aber wohl oder übel einen Rapport über seine Sendung machen musste, um sich nicht blosszustellen, so schrieb er ein Buch über die Dinge, von denen er nichts gesehen hatte, stellte darin seine selbst erfundenen Theorien auf, wie diese Dinge vielleicht hätten gemacht werden können, und wie er sich vorstellte, dass sie gemacht worden sind. Dieser Rapport wurde von der betreffenden „Gespensteruntersuchungsgesellschaft“ angenommen und H. P. Blavatsky als „die grösste Betrügerin dieses Jahrhunderts“ erklärt, ohne dass ihr aber diese Erklärung in den Augen derjenigen, welche sie persönlich kannten, irgend etwas geschadet hätte.

Was aber diese vielgenannten okkulten Phänomene betrifft, so ist hier nicht die Stelle, darauf näher einzugehen. Würde man einem ungebildeten Bauern, der von Chemie absolut nichts versteht, eine Reihe von chemischen Experimenten zeigen, so würde er dieselben für Betrug und Taschenspielerei halten. Der grösste Gelehrte Europas aber steht diesen okkulten Phänomenen gegenüber wie ein ungebildeter Bauer, weil die moderne Wissenschaft von der Seele und ihren Kräften so viel wie nichts weiss. Erst wenn man die Gesetze der Chemie studiert hat, sind die chemischen Experimente verständlich. Erst wenn man die Gesetze der in der Menschennatur schlummernden Seelenkräfte kennen gelernt hat, kann man ihre sichtbaren Wirkungen begreifen. Was man heutzutage „Hypnotismus“ nennt, was aber schon längst Theophrastus Paracelsus und den Alten bekannt war, ist nur die Einleitung zu dieser höheren Naturwissenschaft.

Durch alle Zeitungen der Welt tobte der Kampf um die Entscheidung, ob H. P. Blavatsky eine Betrügerin sei oder nicht. Man durchstöberte die von ihr geschriebenen Romane, um auszufinden, ob die darin auftretenden Personen wirklich existiert hätten oder nicht, und jubilierte, wenn man in ihnen etwas fand, das erfunden war. Man befand sich dann in der Lage jenes Hinterwäldlers, welcher zum ersten Male ins Theater kam und sich dann für beschwindelt hielt, da es ihm gelungen war, auszufinden, dass die Häuser auf der Bühne bloss aus Pappendeckel gemacht seien, und dass die Schauspieler in der Komödie sich bloss so stellten, als hätten sie wirklich geheiratet.

Blicken wir heute auf jene Vorgänge zurück, so können wir uns des Lachens nicht erwehren, damals aber hatte die Sache ihre ernsthafte Seite. Jetzt ist H. P. Blavatsky tot und die von den ersten amerikanischen Journalen gegen sie ausgestreuten Verleumdungen sind widerrufen;*) ein Beispiel, dessen Nachahmung verschiedenen deutschen Journalen zu empfehlen wäre. Alle diese Verfolgungen waren direkt gegen H. P. Blavatsky und nur indirekt gegen die mit ihr unzertrennlich verbundene „theosophische Gesellschaft“ gerichtet; denn, was man auch immer an einzelnen Mitgliedern dieses Vereins, welche ja alle nur Menschen und mit menschlichen Schwächen behaftet sind, aussetzen mag, an den Grundsätzen dieser Gesellschaft ist nichts zu tadeln, da sie als ihr Höchstes die Wahrheit erkennt.

Alle gegen H. P. Blavatsky gerichteten Verfolgungen konnten somit dem Fortschritt der theosophischen Gesellschaft“ keinen Eintrag thun, im Gegenteil dienten sie dazu, den Ruf derselben über die ganze Welt zu verbreiten. Das Einzige, was der theosophischen Sache Eintrag gethan hat, ist der blinde Eifer von unverständigen Anhängern, welche dieselbe zu verteidigen suchten, ihrer Phantasie freien Lauf liessen und die übertriebensten Dinge von den Adepten behaupteten. Dies war aber nicht zu vermeiden, denn in einer Gesellschaft, wo beinahe jedermann Zutritt hat und jedem das Recht zusteht, seine Meinung, so gut er kann, zu vertreten, finden sich auch Ansichten aller Art. Die „theosophische Gesellschaft“ muss nicht mit einer Gesellschaft von fertigen Theosophen verwechselt werden. Sie ist, sozusagen, ein Erdreich, in welchem die Keime der Selbsterkenntnis verborgen liegen und aus welchem schliesslich nur verhältnismässig wenige Bäume wachsen. Wie bei jeder neuauftretenden Reform, so wurden auch hier Nachtvögel aller Art, Enthusiasten, Schwärmer und Fanatiker durch den Schimmer des neuentzündeten Lichtes angezogen und mancher vorübergehende Sturm war ihrer Gegenwart zu danken. Allmählich hat aber die Luft sich geklärt; diejenigen, welche nicht stark genug waren, das Licht zu ertragen, zogen sich in ihr Dunkel zurück; andere, welche fanden, dass der Verein keinen Boden zur Ausnutzung selbstsüchtiger oder politischer Zwecke lieferte, traten aus; die Mehrheit derjenigen dagegen, welche nach wirklicher Freiheit streben und glauben, dass man durch ein einiges Zusammenwirken mehr zum Besten der Menschheit wirken könne, als durch vereinzelte Bestrebungen, kommen herzu, und unter der Leitung von Col. Olcott in Indien, Mrs. Annie Besant in London und William. Q. Judge in Amerika geht der Verein seiner Zukunft entgegen.**)

Shakespeare sagt:

„Wenn alles auch der Sonn' entgegenreift, Was bald erblüht, wird frühe Früchte tragen.“

und die Bhagavad Gita sagt:

„Wer in der grossen Evolution der Welt nicht mitwirkt, der bleibt zurück.“


Der Zweck eines jeden Theosophen ist, Gutes zu wirken; vor allem aber die dazu nötige Erkenntnis und Kraft zu erlangen. Diese Kraft liegt in dem durch die Übung der Tugend erlangten höheren Selbstbewusst- sein, und das ist die einzige wahre Theosophie.




Hinweise

*) New-York. „Sun“. Oktober 1892.

**) Während des Schlusses dieser Nummer erhalten wir die Nachricht, dass sich auch in Steglitz bei Berlin ein von Dr. Hübbe-Schleiden gegründeter „theosophischer Verein“ gebildet hat, und wünschen wir demselben guten Erfolg. Dr. Hübbe-Schleiden ist als der Verfasser mehrerer Werke über deutsch-ostafrikanische Kolonien und als Redakteur der „Sphinx bekannt. Seine Bestrebungen werden dazu dienen, den Drang nach einem tieferen „transcendentalen“ Wissen anzuregen, und dadurch auch den Wunsch nach jener höheren Erleuchtung rege zu machen, welche der Mensch nicht selber erhaschen kann, die ihm aber zu teil wird, wenn er sich selbst überwindet.


(Lotusblüten, 1893, Band 1, S. 69-86)





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